Pay what you want: Faire Preise oder Druck und Risiko?

Überall in unserer Gesellschaft gibt es finanzielle Barrieren und wenig Fairness. Doch kann ein Preismodell auch fair, menschlich und nachhaltig sein? Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung. :-) Aber ich möchte es herausfinden.

 
Pay what you want. Fair oder Druck und Risiko

Pay what you want (PWYW) / can (PWYC)

ist ein Ansatz, der das möglich machen könnte. (Ich weiß noch nicht, welche Bezeichnung am besten passt.)

Es ist auf jeden Fall ein Modell, das Menschen aufgrund von finanziellen Ressourcen nicht ausschließt, sondern einladen soll. Es ist auch ein Modell, das Geldwert ins Verhältnis zur finanziellen Situation setzt.

Ich selbst bin kritisch, aber auch neugierig und ein wenig begeistert. In diesem Beitrag erfährst du mehr.

(Anerkennung und Dank gehen an dieser Stelle schon einmal an Diana Osterhage. :-))

 

Was bedeutet „Pay what you want“?

 

“PWYW” bedeutet:

Kund*innen zahlen so viel, wie

  • ihnen die Leistung wert war oder

  • es ihnen in ihrer aktuellen Situation möglich ist.

 

Das bedeutet, der Preis ist offen: Jede*r zahlt das, was gerade passt.

Möglich wären auch leichte Anpassungen oder „Vorgaben“, wie…

  • Mit Preisspanne: Du gibst einen Rahmen an (Zum Beispiel: 50–150 €).

  • Ab Preise: Du gibst einen Mindestpreis vor (Zum Beispiel: Wähle einen fairen Preis ab 50 €)

  • Normal-Preis mit Rabattmöglichkeit: Du gibst deinen Preis vor, bietest jedoch die Möglichkeit weniger zu zahlen. (Zum Beispiel: 500 €, wenn du nicht so viel zahlen kannst, sag mir deinen Preis und du bekommst den Rabatt)

  • Mit Empfehlung: Du nennst einen Richtwert, aber die Entscheidung bleibt frei.

Diese vier Möglichkeiten entsprechen zwar anderen sozialen Preismodellen, wären aber damit kombinierbar.

Dieses Preismodell basiert auf

  • Vertrauen,

  • Wertschätzung und

  • der Annahme, dass Menschen fair handeln,

wenn sie die Chance dazu haben.

Ethisches Marketing statt Preisdruck

In klassischem Marketing herrscht oft das Motto: „Verknappung, Druck, Preiskalkulation für schnelle 5-stellige Monatsumsätze anstatt Wert der Leistung“.

Gerade im Coaching-Bereich ist das sichtbar. Hochpreiscoachings von mehreren tausend bis zehn- oder sogar über hunderttausend Euro werden als „alternativlos“ verkauft. Oftmals ist das Marketing mit Angst, Scham oder Schuld („Wenn du nicht investierst, dann entwickelst du dich nicht weiter und bist selbst schuld, wenn du in einem Jahr noch an der gleichen Stelle stehst“).

Während sie mit Fülle werben, machen sie Marketing aus Mangel heraus. Oft subtil und doch deutlich spürbar.

Pay what you want setzt hier ein bewusstes Zeichen:

  • Kein Druck, sondern Vertrauen.

  • Kein Ausschluss, sondern Zugang.

  • Keine Manipulation, sondern ehrliche Kommunikation und Wertschätzung.

Es kann ein Ausdruck von ethischem Marketing sein, indem du Verbindung und soziale Gerechtigkeit über Profitmaximierung stellst.

Natürlich gilt soziale Gerechtigkeit auch für dich und deine Arbeit. Das sehen wir uns im folgenden noch an.

Pay what you want und soziale Gerechtigkeit

Viele Menschen erleben finanzielle Unsicherheit – sei es durch Teilzeitarbeit, Care-Arbeit, Krankheit, Behinderungen oder systemische Diskriminierung. Oft sind es genau diese Menschen, die am dringendsten Unterstützung brauchen – sei es Coaching, Beratung oder kreative Angebote.

„Bezahl, was du kannst“ kann Verbindungen bauen:

  • Es schafft Zugang für Menschen, die sonst ausgeschlossen wären.

  • Es signalisiert: „Dein Wert als Mensch hängt nicht an deinem Kontostand.“

  • Es reduziert Diskriminierung, die entsteht, wenn die finanzielle Lage über eine Teilnahme entscheidet oder Menschen auf ihr „falsches“ Mindset reduziert werden.

Natürlich kann ein PWYW-Modell nicht alle gesellschaftlichen Ungleichheiten lösen. Aber es ist ein kleiner Beitrag dazu, finanzielle Barrieren abzubauen und mehr Menschen mit deiner Arbeit zu erreichen.

Was bezahlen Kund*innen wirklich?

Im klassischen Business-Modell bezahlen Kund*innen weniger die tatsächlich Leistung, sondern vielmehr:

  • das Können der Anbieterin im Marketing und Verkauf

  • die Verpackung, die Außenwirkung und die Inszenierung

Bei Pay what you want verändert sich dieser Fokus. Kund*innen zahlen entweder:

  • was sie sich leisten können und / oder

  • den wahrgenommenen Wert deiner Leistung

Das führt zu einer spannenden Frage:

Wer bestimmt den wahren Wert einer Leistung?

Ist es der Anbieter, der seine Preise kalkuliert? Oder ist es die Kundin, die entscheidet, was ihr die Erfahrung wert war?

Und wie Diana Osterhage es so schön dargestellt hat: Für Elon Musk haben 10 Euro einen ganz anderen Wert als für einen Obdachlosen.

Meine persönliche Erfahrung:

Ich hatte schon Coachings, die für mich nicht einmal ein Drittel des Preises wert waren. Genauso habe ich Dienstleistungen gebucht, bei denen ich danach dachte: Das war viel zu günstig. Dafür hätte ich locker das Doppelte bezahlt.“

⇒ Anbieter*innen haben natürlich das Recht, für ihre Arbeit einen Rahmen festzulegen.

⇒ Doch Kund*innen haben ebenso das Recht, selbst zu empfinden, welchen Wert sie erkennen und erhalten haben.

Und Wert steht auch immer im Verhältnis zur aktuellen und eigenen finanziellen Situation (Elon Musk vs. Obdachlose).

 

PWYW eröffnet hier einen ehrlichen Dialog:

Beide Seiten reflektieren, was Wert wirklich bedeutet.

Wenn wirklich ehrlich und mit Wertschätzung kommuniziert wird, kann das allen Beteiligten dienen.

 

Preise als Barriere und meine persönliche Vision

Preise können eine echte Barriere sein. Das betrifft immer die Menschen, die sowieso schon wenig haben und oftmals dringend eine Lösung brauchen. In vielen Bereichen gilt: Zugang haben nur die, die es sich leisten können. Das ist ein Spiegel unserer Klassengesellschaft.

Pay what you want kann eine mögliche Lösung sein.

Natürlich frage ich mich als Anbieterin auch: Verdiene ich damit genug Geld? Denn auch ich muss leben, Rechnungen bezahlen und meine Selbstständigkeit stabil führen. Ich bin nicht ehrenamtlich unterwegs, sondern habe ein Business.

Und trotzdem glaube ich an das Gute im Menschen und in der Welt. Wir könnten uns so viel mehr unterstützen und ein großartiges Leben in Fülle aufbauen, wenn wir nicht ständig dem Geld hinterherrennen würden, sondern Werte verkörpern, dienen und Visionen verankern.

Meine Vision ist soziale Gerechtigkeit und Verbindung.

Deshalb werde ich PWYW mit einem meiner Angebote testen. Ich muss es nicht für alles anbieten, sondern kann es gezielt einsetzen, während andere Angebote Festpreise behalten.

Ich freue mich darauf, diesen Weg zu probieren und bin sehr gespannt auf Resonanz und Ergebnis.

Herausforderungen beim “Pay what you want”-Modell

So inspirierend dieses Modell klingt, in der Praxis können einige Hürden auftauchen. Sowohl für dich als Anbieter*in als auch für deine Kund*innen:

1. Druck

Viele Kund*innen spüren Druck, „das Richtige“ zahlen zu müssen. Sie fragen sich: „Was erwartet der Anbieter / die Anbieterin eigentlich?“

2. Unsicherheit

Unsicherheit kann entstehen, wenn völlig offen gelassen wird, was gezahlt werden soll. Menschen sind es gewohnt, klare Preise vor sich zu haben. Völlige Freiheit kann verwirren, verunsichern und, wie oben beschrieben, einen inneren Druck auslösen.

3. Glaubenssätze

Kund*innen tragen oft Glaubenssätze mit sich:

  • „Ich darf nicht zu wenig zahlen, sonst enttäusche ich die Anbieter*in.“

  • „Wenn ich wenig zahle, wirke ich geizig.“

  • „Vielleicht ist das Angebot gar nichts wert, wenn ich selbst den Preis bestimmen soll.“

Mythos Commitment:

Ein weiterer Glaubenssatz, den ich immer wieder im Marketing und Business-Umfeld erlebe ist, dass Menschen angeblich mehr committet sind, wenn sie Geld bezahlen. Doch so, wie ich es erlebt habe und auch bei anderen wahrnehme bzw. was andere berichten ist, dass sie dann committet sind wegen des Geldes, nicht dem Inhalt.

Menschen machen ein Programm weiter, weil sie Geld bezahlt haben, nicht weil es sich für sie stimmig anfühlt. Wie viele Selbstständige laufen in die falsche Richtung, nur weil sie dafür bezahlt haben. Es ist verrückt.

⇒ Menschen sind erst wirklich committet und mit einem Programm nachhaltig und erfüllend erfolgreich, wenn der Inhalt und die Begleitung stimmig und richtig sind. Geld kann das nicht ersetzen.

Realitätscheck:

Doch die Realität ist auch, dass Menschen ihren Glaubenssätzen vertrauen und sich unsicher fühlen. All diese drei inneren Hürden können durchaus dazu führen, dass manche Menschen nicht buchen, obwohl sie gerne würden. Und diese Hürden können Anbieter*innen auch davon abhalten, „Pay what you want“ selbst auszutesten.

Ich habe bei solchen Angeboten nämlich genau diesen Druck und die Unsicherheit in mir gespürt und auch deswegen schon einmal nicht gekauft. Genau das war bisher auch immer der Grund, dass ich es selbst nicht angeboten habe. Doch nun habe ich mich damit befasst und möchte es testen.

Und gleichzeitig ist es eine Aufforderung an uns, dass wir uns wirklich mal mit Geld, Wert und unseren Konditionierungen auseinandersetzen.

Lösungsansätze: So können wir Druck und Unsicherheit rausnehmen

Damit PWYW funktioniert, braucht es Vertrauen, Ehrlichkeit sowie Klarheit und Orientierung. Hier ein paar (meiner) möglichen Lösungsansätze:

Preisrange anbieten: Zum Beispiel: „Zwischen 50 € und 150 € – wähle den Betrag, der für dich gerade passt.“ Das gibt Sicherheit und hält dennoch die Flexibilität.

Empfohlenen Preis nennen: Ein Richtwert wie „Empfohlen sind 100 €, aber zahle, was dir möglich ist“ reduziert Unsicherheit und nimmt Druck raus, weil es eine Orientierung bietet.

Kommuniziere deine Haltung: Mach transparent, warum du PWYW anbietest. Zum Beispiel, weil du soziale Gerechtigkeit und einen Zugang ermöglichen willst. Wenn deine Motivation klar ist, fühlen sich Menschen sicherer.

Kommuniziere den Prozess: Mach transparent, wie der Prozess und auch die Preisfindung während oder nach einer Zusammenarbeit aussehen kann. Gib deinen potenziellen Kund*innen Hilfestellung und zeige ihnen, wie du sie unterstützen kannst, damit sie sich nicht alleine und verunsichert fühlen.

Vertrauen aussprechen: Sag deutlich: „Ich vertraue darauf, dass du einen Betrag wählst, der für dich machbar ist und sich für dich fair anfühlt.“

Pay what you can gezielt einsetzen: Du musst nicht alles auf eine freie Preiswahl stellen. Nutze es zum Beispiel für Workshops, Gruppenangebote oder erste Sessions. So schützt du deine Energie, dein Businessmodell und bietest trotzdem allen Wunschkund*innen die Möglichkeit auf eine Zusammenarbeit mit dir.

Fazit: Preise, die verbinden können

Pay what you want ist mehr als ein Preismodell – es ist für mich ein Statement für Vertrauen, Ethik, soziale Verantwortung und Veränderung. Es ist auch eine Einladung zu einem anderen Marketing, mit einer Preisstrategie, die auf Fairness, Menschlichkeit und Nachhaltigkeit baut sowie auf Fülle beruht.

Ob es für mein Angebot funktioniert, kann ich noch nicht sagen. Aber ich weiß, dass ich darauf echt Lust habe und es austesten möchte.

Anerkennung für meinen PWYW / PWYC-Versuch und einige Gedanken von Diana, die als Basis für diesen Blogartikel dienten:

Ich möchte mich bei Diana Osterhage (von Wandelkraft – die Community für den Weg in eine neue Zukunft Hoffnung - Austausch - Tatkraft) bedanken. Denn durch sie habe ich neue Perspektiven und Vertrauen in dieses Preismodell bekommen. Dank Diana traue ich mich, es für eins meiner Angebote anzubieten und zu probieren. Außerdem bietet sie in ihrer Community ein „Pay what you can“ Mentoring an.

Auch einige Gedankengänge haben im Austausch mit und einem Workshop bei Diana begonnen. Ich habe sie nur für mich ausformuliert, erweitert / hinterfragt und integriert.

Wenn dich das Thema interessiert und du mehr erfahren möchtest, dann nimm auf jeden Fall Kontakt zu Diana auf. >>

 
Pay what you want: Marketing Sparring

1:1 Marketing-Sparring: Pay what you want für Solopreneure

FAQ

1. Verdiene ich damit genug Geld? Nutzen Kund*innen das nicht aus?
Das werde ich noch herausfinden. Ich bin neugierig und teste es bei einem Angebot an, worauf ich selbst einfach richtig Lust habe und es nicht nur wegen Umsatz mache.

Meine Ansicht ist, dass die Menschen grundsätzlich gut sind und die meisten gerecht handeln möchten. Manche zahlen mit Sicherheit weniger, aus welchem Grund auch immer. Und andere bezahlen mehr.

Es gibt schon spannende Studien und Erfahrungen dazu, die zeigen, dass es sich am Ende lohnen kann und mehr rauskommt als mit Festpreisen. Hängt wahrscheinlich auch von der Branche und dem Angebot (Workshop / Event / 1:1 Arbeit) ab.

Ich werde berichten.

2. Ist Pay what you want professionell?
Ja. PWYW bedeutet nicht, dass die Arbeit weniger wert ist. Im Gegenteil: Es ist ein mutiges, wertebasiertes Preismodell, das auf Vertrauen und Ethik basiert.

3. Ist es eine Alternative zu Hochpreiscoachings?
PWYW kann durchaus als ein bewusster Gegenentwurf dazu gesehen werden.

Hochpreiscoaching werben häufig mit Fülle, Energie und trotzdem schwingt dort Manipulation, Druck, Angst und Scham mit genauso wie Mangel. Nicht immer, aber sehr häufig.

PWYW setzt jedoch auf Transparenz, Fairness, Verbindung und einen natürlichen Geld- und Energiefluss aus Fülle und Dankbarkeit heraus.

 
Andrea Liedtke

Andrea Liedtke

Hi, ich bin Andrea, ethische Marketingtexterin für Websites und Content. Ich helfe dir, mit Content-Marketing, das dich mit deinen Wunschkund*innen verbindet, erfolgreich sichtbar zu werden und über die Website zu verkaufen. Mehr zu mir >>

Für Marketing, das nicht nur gut fürs Business, sondern auch gut für die Seele ist.

Ich wünsche mir für dich, dass du deine Wunschkund*innen begeisterst und sanft zum Kauf führst: mit mehr Leichtigkeit und Klarheit.

 
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Feminine Soul im Business und was das mit ethischem Marketing zu tun hat